Italienische Sonneninsel Sizilien

Wein aus Sizilien? Das lässt manch einen achselzuckend an die Wahl zwischen einem gut strukturierten Nero d'Avola oder einem schauderhaft süßen, gespriteten und höchstens zum Ablöschen von Kurzgebratenem geeigneten Marsala denken. Die wachsende Popularität des rassigen Rotweins vor allem in jüngster Zeit markiert gewissermaßen nur die Spitze eines Eisbergs. Seit mehr als 20 Jahren setzen zahlreiche Weingüter Siziliens vermehrt auf biologische Produktionsmethoden und die Kultivierung einheimischer Rebsorten. Die Rasanz und Nachhaltigkeit dieser Entwicklung machte die Mittelmeerinsel binnen Kurzem wieder zu einer echten Größe in der Welt der edlen Gewächse.

„Sizilien ist ein ganzer Weinkontinent”, befand nicht ohne Grund Attilio Scienza, Professor für Weinbaukunde in Mailand. Auch nach der Gesundschrumpfung auf rund 110.000 Hektar Rebfläche ist die Weinregion Sizilien, zu der neben der Hauptinsel auch Pantelleria und die Liparischen Inseln gehören, Italiens größte Weinregion.

Qualitätswachstum dank schneller Korrekturen

Das hohe Potenzial des Weinanbaugebiets Sizilien verleitete die Regierung des Mittelmeerlandes in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu dem fatalen Entschluss, eine massive Erhöhung der Weinproduktion einzufordern. Diese auf Masse fokussierte Kultivierung ging direkt zu Lasten der Qualität und verpasste dem bislang vorzüglichen Ansehen der Region einen empfindlichen Dämpfer. Glücklicherweise setzte bereits in den 1980er Jahren der Prozess des Umdenkens ein. Die sizilianischen Winzer begannen mit der Wiederaufnahme des nachhaltigen Anbaus. In der Folge wurde die auf über 165.000 Hektar hochgetriebene Anbaufläche um mehr als ein Drittel reduziert. Schritt für Schritt erobert sich die des beinahe 3.000 Jahre alte Weinregion seither ihren Ruf als Heimat hochwertiger Gewächse zurück - und damit auch das Interesse der Weinliebhaber.

Die Rebsorten im Weinanbaugebiet Sizilien

Wie es häufig geschieht, wenn sich eine Weinregion auf ureigene Tradition und Stärken rückbesinnt, gewinnen autochthone oder zumindest regionscharakteristische Gewächse zunehmend an Bedeutung. Das beschränkt sich längst nicht allein auf den kraftvollen Nero d'Avola, dessen Herkunft in Sizilien vermutet wird und der aktuell in der Publikumsgunst weit oben rangiert. Auch andere tanninreiche Gewächse wie Nerello Mascalese, Nerello Cappuccio, Frappato und natürlich der Primitivo profitieren von der ökologisch orientierten Bewirtschaftung. Sie werden oft im Verschnitt mit Syrah, Cabernet Sauvignon und Merlot ausgebaut, überzeugen jedoch auch als sortenreine, ausgewogene Rotweine von exzellenter Qualität.

Unter den weißen Gewächsen behauptet sich nach wie vor der ertragreiche Cataratto als wichtigste indigene Traube. Ebenso wie Inzolia und Grillo wird sie nicht mehr nur zur Herstellung von Marsala genutzt: Seit sich traditionsreiche Weingüter wie Donnafugata oder Giacomo Montresor der Renaissance Siziliens als Weinregion von Weltklasse verschrieben haben, erfreuen diese Rebsorten den Gaumen immer häufiger als sommerlich frische Weine mit den typischen Aromen von Rosen, Mandeln oder exotischen Früchten.

Bei den Süßweinen scheint es ebenso bergauf zu gehen. Während der Marsala auf dem besten Weg ist, sein ramponiertes Image als Kochwein abzuwerfen, machen auch herrlich aromatische Süßweine aus Moscato, Passito di Noto oder der Malvasia di Lipari wieder von sich reden.

Die wichtigsten sizilianischen Anbaugebiete

Weinberge sind praktisch in ganz Sizilien zu finden. Die größten Weinanbaugebiete liegen im Westen der Hauptinsel, im Bereich des Vierecks, das die Hauptstadt Palermo mit Trapani, Selinunte und Sciacca bildet. Die Ätna-Region bildet dank vulkanischer Böden und hoher Temperaturunterschiede tagsüber und nachts vor allem für außerordentlich hochwertige Weißweine ein perfektes Terroir. Weitere, ebenfalls im ökologischen Aufwind befindliche Gebiete liegen im Süden, rund um Vittoria, Syrakus, Noto sowie im äußersten Norden in der Gegend um Messina. Nicht zu vergessen die übrigen Inseln des Weinanbaugebiets, darunter Pantelleria im Südwesten und Stromboli im Nordosten.